zur Zeit b.a.w. keine Durchführung eigener Präsenztrainings
... und das "Extra", das in der Geschichte versteckt ist, wird ganz zum Schluß verraten ...
"Ein Abend am Kamin":
Das Morgenrot hatte gehalten, was es versprach. Nicht so früh wie geplant war ich hoch im Norden losgefahren, die Küsten entlang in Richtung der Stadt, in der ich lebte. Ich hatte gefunden, was ich für meine seelische Erholung gesucht hatte: Wetter, Wind und Wolken. Ende November bedeutete dies allerdings auch, ...
... daß Mutter Natur ein volles Programm bot: Es war ein kühler Morgen gewesen, und der leichte Niederschlag, bei dem ich losgefahren war, hatte sich zu einem kräftigen Regen ausgewachsen. Schnee gab es wohl nur weiter im Osten. Je näher der Abend rückte, desto dichter wurde der Nebel und damit die Fahrt auf der engen Landstraße immer beschwerlicher. Die Elbe hatte ich schon lange hinter mir gelassen, als nach langem Reisen auf nassen Straßen ein Dorf wie aus dem grauen Nichts auftauchte. Es schien, als könne ich zwischen der "Höllenschänke" und dem "Fährkrug" wählen als Nachtquartier. In beiden Häusern wurden Zimmer und Essen angeboten. Es war sieben Uhr acht als ich hereinkam - und es sollte einer der besten Abende meines Urlaubs werden.
Die Wirtsleute schienen meine unausgesprochene Frage zu ahnen: "Zu allen vier Zimmern gehört ein eigenes Bad." Ich sah mich in dem kleinen Gastraum um - am warmen Kamin saß inmitten einer kleinen Gruppe ein alter Mann, die Pfeife schmauchend. Er hatte alle in den Bann gezogen, sie hingen förmlich an seinen Lippen und eine etwas unheimliche Aura schien ihn zu umgeben. "Unser Fritz ist der letzte Köhler hier in der Gegend gewesen und er kennt alle Geschichten zwischen Moor und See. Was werden Sie essen?" Eine alte Pfeffermühle und Salz standen auf dem Tisch bereit. Ich griff zur Brille. Die Speisekarte war erstaunlich gut und meine Wahl reute mich nicht. Ein Linsengericht mit Speck war zu deftig am Abend, Hähnchen mit Knoblauch - ein andermal vielleicht. Sülze mit Dill, Wassersuppe mit Grieben mußte es nun auch nicht sein. Ich entschied mich für Fisch am Reisberg. Zum Nachtisch konnte ich wählen zwischen Gries mit Datteln oder Mandeln. Vielleicht würde ich mich für den warmen süßen Mandel-Kuchen entscheiden, meinte der Wirt. Als Gemüsebeilage gab es Mais. Ob das ausreicht, einen müden und hungrigen Urlauber in Ruhe den Abend genießen zu lassen? - ohne Zweifel, und zudem fand ich auf der Karte ja auch viele meiner Lieblingsgerichte!
Der Alte erzählte leise und mit gespitzten Ohren lauschte ich, zwei Tische entfernt sitzend - seine Geschichten lenkten mich gut von dem Wust an seelischem Schmerz und Zorn über mein derzeitiges berufliches Pech ab, mit dem ich seit Wochen haderte.
Ich hörte ihn erzählen von einer Bark mit nur je einer Rahe an den Masten, mit schwarzen Schotten und einem Bug so spitz, daß sich die Wellen freiwillig vor ihm teilten auf all ihren Reisen um die Welt. So zu erzählen, wie er es tat, war wirklich eine Gabe Gottes.
Sag mir noch mal einer, die Friesen würden eigen oder rüde sein! Ich träumte noch versonnen die gerade beendete Geschichte vom Abentheuer auf hölzerner See weiter, als sein heiterer Blick den meinen traf. "In kalten und trüben Zeiten ist es besser, gemeinsam zu lachen und zu singen", so forderte er mich auf zu dem Kreis hinzuzukommen. Eigentlich war ich jetzt ein wenig in der Zwickmühle - eigentlich wollte ich in meinem Urlaub einen Weg finden, auf dem ich aus Kummer und Sorge wieder hinausfinden konnte und hatte eigentlich keine Lust auf Kommunikation. "Gern" hörte ich mich sagen und setzte mich auf den Stuhl, auf den er mit seiner Hand wies, und von dem aus ich ihn direkt sehen konnte. "Bring noch ein paar Biere und Weizen - ich muß die Stimme ölen", lachte er dem Wirt zu.
...
Fortsetzung und "Extra" folgt ...
aus: "Seelenkosmos - 100 Gramm Mut und weitere durchwachte Nächte", BOD Verlag Norderstedt, 2007, mit Bildern von Christine-Katharina Krämer